Anis hat einen sehr charakteristischen Geschmack. Leicht süßlich mit diesem speziellen Anis-Aroma, das schwer zu beschreiben ist. Es schmeckt etwas nach Lakritz, ist sehr voll und rund. Vorne sehr kräuterig, dann entfaltet sich die Süße mehr und mehr und das Aroma entwickelt sich zu einem langanhaltenden, ja wohltuenden Gefühl. Schon Wahnsinn, was die Natur so hervorbringt.
Das Aroma wird fast ausschließlich (um die 90 %) vom ätherischen Öl Anethol bestimmt, welches auch Fenchel, Sternanis und Süßholz prägt. Nirgends kommt es allerdings so hoch konzentriert und rein vor, wie im echten Anis. Da Anis aber verhältnismäßig teuer ist im Vergleich zu seinen Verwandten, wird er gerne durch eben diese ersetzt. Oder eben, weil er dort gar nicht erst wächst.
Bei uns in Europa benutzt man ihn vorwiegend in Alkoholika (Quasi jedes mediterrane Land hat da seine Version) und in Gebäcken. Doch passt er auch hervorragend zu Fisch (von Suppe bis zu feinen Filets), Fleisch und Gemüse. In so manchem asiatischen Land finden dann gerne als Ersatz Fenchel oder Sternanis ihren Weg in Suppen (Phở), und und und. Man könnte glatt sagen, dass Anis ziemlich vielseitig ist, wobei ich so weit gehen würde, dass die meisten dieses süßliche Aroma etwas aneckend finden. Röstet man den Anis, verändert sich das Profil nochmal ordentlich. Die flüchtigen, blumigen Aromen verabschieden sich (flüchten… aber Vorsicht, nicht politisch) und die Bitterkeit kommt etwas mehr zum Vorschein. Dazu natürlich Röstaromen. Es entsteht eine wirklich angenehme Zusammenstellung, die nicht ganz so einnehmend ist und nochmal zu ganz anderen Dingen passt. Röstaromen mit Süße sind eine ebenso runde, fast erdige Kombination, die gut zu fettigen Gerichten passt. Abwarten!
Meine erste und Lieblingsassoziation mit dem Anis ist ein schöner sonniger Urlaub in Südfrankreich. An einem warmen Sommertag am Nachmittag im Schatten mit einem kleinen Glas Pastis. Da kommen bei mir gleich Urlaubsgefühle auf. Sollte ich irgendwann mal alt werden, dann vielleicht so.
Und natürlich: Anis ist tatsächlich ziemlich gut medizinisch verwendbar. Schleimlösend, verdauungsanregend, krampflösend. Vielleicht sollten die Menschen lieber Anis hamsterkaufen… Als Tee aufgeschüttet, in Speisen verwendet, oder eben als Digestif gereicht. Da sind die letzten Grenzen mal wieder die Fantasie.
Jetzt aber los. Um den Geschmack erstmal richtig zu verstehen, fangen wir mit einer Anethol-Bombe an: Der Versuch von selbstgemachtem Pastis. Traditionell (und wenn er hochwertig ist) wird Pastis durch Destillation gewonnen, doch ich habe keine eigene Destille und ich glaube, die meisten von Euch auch nicht. Um sich dem ganzen etwas anzunähern, versuchen wir uns an aufgesetztem Pastis. Dazu brauchen wir:
- 300 mL Vodka
- 2 cm Süßholz
- 5 g Anis (1,5 TL)
- 2 Sternanis
- 1 TL Fenchelsamen
- 3 EL Zucker
- Etwas Zitronenschale
- Zeit
Wir machen hier wirklich eine sehr einfache, dennoch sehr aromatische Version, die nicht viel Arbeitsaufwand bedeutet. Alles grob in einem Mörser zerstoßen und in einem Gefäß mit Vodka übergießen. Dann für ca. 10 Tage ziehen lassen. Getrunken wird natürlich traditionell mit Wasser und für mich mit Eis. Mit dem ersten Schluck wird dann klar, wonach Anis (und somit Anethol) denn schmeckt – Abgerundet mit ein paar verwandten Gewürzen.
Guter Anfang?
Das Schöne an der heutigen Gewürzreise ist, dass man daraus gut einen Anis-Abend machen kann. Der Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen, aber die Speisen sind fantastisch und schinden, wer’s darauf auslegt, sogar Eindruck.
Vorspeise – Brot mit Gewürzbutter
Kräuterbutter kennt jeder. Aber wie wärs mal mit einer etwas anderen Variante, die Brot richtig aufwertet. Statt den Anis beim Backen zu benutzen, kann man so aus jedem Brot fast eine Art Gewürzbrot machen.
Das Fett passt gut zum Anis-Aroma und der Dill sorgt für eine angenehme Frische und verbindet sich in der Süße gut mit dem Anis.
Zutaten:
- 100 g Butter
- 2 Dill Zweige
- 1 TL Anis
- 1/2 TL Koriander
- 1/2 TL Fenchelsamen
Und schon wieder dürfen wir unseren schönen Mörser benutzen. So bleiben kleine Stücke bestehen, die mir ganz gut gefallen. Dazu den Dill zerhacken und alle mit der Butter vermischen. Dazu ein schönes Brot reichen – besonders gut ist Roggenbrot.
Jetzt ist der Hunger auch aufgeweckt. Also weiter.
Hauptspeise – Lachs, Sellerie, Kaffee
Nun, das klingt schon etwas abenteuerlich. Ist es geschmacklich auch ein bisschen. Aber es passt. Es ist eine balancierte Kombination aus einfachen, leichten Geschmäckern und komplexen, starken Aromen. Ausprobieren.
- 2 Stücke Lachsfilet
- Viel Öl (Sonnenblumen / Olivenöl / …)
- 1 EL Anis
- 1 / 2 Nori-Algen-Blatt
- 1 Knollensellerie
- 300 mL Kaffee
- 1 TL Anis
- 80 g Butter
- 1/2 EL Zucker
- Natürlich Salz
Wir werden zuerst den Lachs pochieren. Dazu (falls vorhanden) von der Haut trennen und das Öl auf ziemlich genau 50 Grad Celsius erhitzen. Dann den Lachs in sein warmes Bad geben und ca. 30 Minuten darin entspannen lassen. Die Pfanne soll weiterhin auf dem Herd bleiben, aber das Öl darf nicht über 50 Grad kriechen. Also ein bisschen aufpassen, dann ist das nicht so schwierig.
Währenddessen den Sellerie schälen, würfeln und mit etwas Salz kochen. In der Zwischenzeit den Kaffee machen, den Anis zerstoßen und beides mit dem Zucker reduzieren, bis vielleicht noch 50-100 mL davon übrig sind. In einer letzten Pfanne kurz den EL Anis anrösten, in einem Mörser zerstoßen, ein Noriblatt in feine Streifen schneiden und beides vermengen.
Ist der Sellerie fertig, gut mit Salz würzen und sowohl Butter als auch Kaffee-Anis-Reduktion unterheben. Das einzig traurige ist, dass es kein besonders schönes Bild ergibt. Vielleicht versuche ich das nächste Mal, ein paar Kartoffeln mitzukochen.
Also. Alles zu einem schönen, möglichst feinen Püree, ähm, pürieren (zerstoßen) und auf einem Teller zusammen mit dem Lachs servieren.
Ohja. Dazu toll: Die abgetrennte Haut entschuppen und anbraten. Mit etwas Salz fantastisch.
Der Lachs wird zum Servieren dann mit der Gewürzmischung und einer guten Prise Salz bestreut. Es ergeben sich wirklich schöne Kombinationen.
Und zuletzt:
Dessert – Birne Helene
Wir brauchen:
- 2 Birnen
- Genug Wasser, um die Birnen zu bedecken
- 2/7 bis 1/2 Hälfte des Wassers als Zucker / Honig Mischung*
- Etwas Zitronenschale
- 100 g Schokolade (70%+)
- 300 mL Milch
- 1 EL Speisestärke (für die gewünschte Saucenkonsistenz)
- 1 EL Kakaopulver
- 1 TL Anis
- (Zucker)
*2/7 bis 1/2: Ich mag es weniger süß, aber klassisch benutzt man hier eine Zucker-Wasser-Lösung im Verhältnis 1 zu 2
Wasser mit Zucker-Honig vermischen und die Zitronenschale dazu geben. Der Honig gibt der Birne nochmal ein schöneres Aroma, finde ich. Leicht erhitzen, bis es gaaaanz leicht köchelt. Die Birnen schälen und entkernen (wer sich Mühe geben will) und in die Flüssigkeit geben.
Dann vielleicht mit einem kleinen Teller beschweren, dass die Birnen unter Wasser bleiben und für ca. 25 Minuten köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Milch erhitzen, die Schokolade hineinschmelzen, den Anis zerstoßen und hinzugeben, Kakaopulver dazu, für extra schokoladiges Aroma und, wer möchte, mit Zucker und natürlich einer minimalen Prise Salz abschmecken. Die Schokoladensauce ist gut an den eigenen Geschmack anpassbar, aber ich mag sie zart-bitter.
Zum Servieren die Schokoladensauce in einen schönen Teller gießen, die Birne obenauf drapieren und mit etwas geriebener Schokolade vollenden. Dazu passt gut noch eine Kugel Vanille-Eis und nochmal eine schöne Prise gerösteter Anis. Sowohl zum Vanille-Eis (sehr) und zur Birne mit Schokolade (sehr).
Guten Appetit und viel Freude.
Ich freu’ mich schon aufs nächste Mal.
Joshua Stübner. Das bin ich. Ich schreibe hauptsächlich Rezepte für Heuschrecke. Es macht mir Freude und ich hoffe, diese auf die ein oder andere Art zu teilen. Manchmal bin ich aber auch ein Programmierer / Web-Developer. Hier.
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