Mikrokosmos: Eine inspirierende Truppe

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Foto1: Clathrus ruber Roter Gitterling
Foto1: Clathrus ruber Roter Gitterling

 

In unregelmäßigen Abständen schreiben uns unsere Pilzsachverständigen-Freunde Eva und Lothar kleine Fachbeiträge mit großartigen Fotos, die wir als Vielfalt-Spezialisten gerne teilen wollen.
Die Pilzwelt, lange zur Flora gezählt, bevor sie noch nicht so lange ihr eigenes Reich „Fungi“ bekommen hat, ist faszinierend, sowohl das, was man überirdisch sieht, als auch das weitläufige, unterirdische Myzelen-Geflecht als Kommunikationsstruktur, in das Bäume und Pflanzen eingebunden werden – über dessen Bedeutung in der Natur muss noch weiter geforscht werden.
Und nun wünschen wir viel Vergnügen beim Lesen und Staunen über die Geschöpfe der Erde, schöne Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

Eine inspirierende Truppe

Im späten Oktober diesen Jahres konnten wir erstmals in der Bretagne Fruchtkörper eines merkwürdigen, wärmeliebenden Pilzes aus der in Mitteleuropa nur aus wenigen Mitgliedern bestehenden Familie der Phallaceae (Stinkmorchel-Verwandte) sichten, den wir bislang nur von Bildern kannten, aber gleich einzuordnen wussten, weil er einfach unverkennbar ist: Chlathrus ruber, der Rote Gitterling <Foto 1>.

Wie alle Stinkmorchel-Verwandten entwickelt er sich aus einem sogenannten Hexenei <Foto 2+3>, das beim Roten Gitterling, wenn das glatte Ei allmählich reif wird, wie ein kleiner Fußball aussieht. Sowohl der Gitterling wie auch seine Hexeneier könnten durchaus als ungewöhnliche Modelle für Weihnachtskugel-Basteleien herhalten, wenn, ja, wenn sie nicht einen penetrant aasartigen Gestank verströmen würden, wie fast alle Mitglieder dieser Familie.
Denn zu ihrer Sporenverbreitung nutzen sie Fliegen, die durch den Aasgeruch magisch angezogen werden und die stinkende, sporenhaltige, klebrige dunkle Gleba direkt anfliegen.

Die meisten haben in unseren Wäldern (oft im Nadelwald) sicher schon einmal den häufigen, namengebenden Vertreter der Familie, die Gemeine Stinkmorchel (Phallus impudicus), wenn nicht gesehen, so doch gerochen <Foto 4+5>.
Dabei ist das Innere seines Hexeneies, aus dem sich der Stiel entwickeln wird, im ganz jungen Stadium sogar essbar, mit Kohlrabigeschmack!

Für die zierlichen Verwandten der Gemeinen Stinkmorchel hat sich der deutsche Name Hundsruten eingebürgert, von denen die Gemeine Hundsrute (Mutinus caninus) <Foto 6+7> die häufigste ist.
Auch aus diesen Vertretern ließen sich z.B. interessante, weihnachtliche Kerzenformen ableiten, wenn einem nicht eher Anderes den Blick dafür versperren würde…

Stattdessen wäre aber der erst 1928 mit Schafwolle aus Neuseeland zu uns eingeschleppte Tintenfischpilz (Clathrus archeri) <Foto 8> als wirklich leuchtende Vorlage für einen Weihnachtsstern geeignet, nicht wahr?

Und damit schließen die PSV Eva Wandelt und Lothar Claußnitzer das Jahr ab, wünschen Frohe Weihnachten und hoffen auf ein friedliches Neues Jahr 2024.

 

Foto: 2 Hexenei des Roten Gitterling
Foto: 2 Hexenei des Roten Gitterling
Foto 3: Hexeneier des Roten Gitterling
Foto 3: Hexeneier des Roten Gitterling
Foto 4: Phallus impudicus Stinkmorchel mit olivfarbener Gleba, rechts, und nach Abessen der Gleba und Abtransport der Sporen durch Fliegen, links
Foto 4: Phallus impudicus Stinkmorchel mit olivfarbener Gleba, rechts, und nach Abessen der Gleba und Abtransport der Sporen durch Fliegen, links
Foto 6: Mutinus caninus Gemeine Hundsrute mit länglichen Hexeneiern
Foto 6: Mutinus caninus Gemeine Hundsrute mit länglichen Hexeneiern
Foto 7: Mutinus caninus Gemeine Hundsrute mit Gleba
Foto 7: Mutinus caninus Gemeine Hundsrute mit Gleba
Foto 8: Clathrus archeri Tintenfisch-Pilz mit Gleba auf den Armen
Foto 8: Clathrus archeri Tintenfisch-Pilz mit Gleba auf den Armen

 

 

 

 

 

 


Genug für heute von den Hobbymykologen und Pilzsachverständigen (DGfM) Eva Wandelt (Biologin) und Lothar Claussnitzer (Streuobst-Landwirt und Wiesenmeister).

In loser Folge werden wir auf dieser Seite Schönes, Kurioses, Interessantes, Essbares, Würziges anhand von einfachen Digi-Mikrofotos aus dem wilden Pilz-und Pflanzenreich vorstellen und erläutern.

 

Fotos © Evi Wandelt, Lothar Claußnitzer

  1. Haller Bioladen
    | Antworten

    Sehr interessaner Bericht. Da werde ich doch gerne immer mal reinschauen. Einen Tintenfisch Pilz hatte ich sogar in diesem Jahr selbst. Von einem Hexenei dürfte ich probieren.

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