Unsere argentinische Mate bekommen wir vom Familienbetrieb Kraus in Colonia Santo Domingo Savio, San Ignacio, Provinz Misiones.
Urgroßvater Kraus wanderte 1894 von Österreich ein, der Großvater kaufte hier Land und legte die ersten Pflanzungen an, seine beiden Söhne führten die Arbeit weiter, der eine lieber in den Feldern, der andere an den Maschinen. Die junge Generation mit Milton, Gino und Romina ist fest in das Unternehmen eingestiegen – die ganze Familie bildet ein gutes, innovationsfreudiges Team. So initiierten sie die Bio- und Fair for Life-Zertifizierung, starteten ein Aufforstungsprogramm für nachhaltige Landwirtschaft, und verbesserten vor allem den Herstellungsprozess, um die Rauchkontaminationen von der üblichen Holzfeuererung auf ein Minimum zu bringen.
Der anregende, koffeinhaltige Mate Tee stammt von den Blätter des Ilex paraguariensis, einer Stechpalmenart, die autochthon in einem bestimmten Gürtel Südamerikas wächst. Die Guarani sind die Entdecker oder Eigentümer der Mate – sie lebten schon immer mit diesem Tee, und er spielt damals wie heute sowohl ernährungsphysiologisch als auch kulturell eine wichtige Rolle. Die Jesuiten professionalisierten im 17./18. Jh. mit ihren Missionssiedlungen auch den Mate-Anbau. Heute ist Mate ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Mate kann entweder wie ein milder Grüntee aufgebrüht werden, oder auf die traditionelle Art in einer Kalebasse durch das Trinkrohr mit dem Siebchen am unteren Ende geschlürft werden. Der Tee wird direkt in das Trinkgefäß gegeben und dort mit heißem Wasser angegossen, das Gebräu immer wieder weggesüppelt und neues Wasser nachgegossen. Am Anfang recht bitter und sehr belebend. Insgesamt ist die Koffein-Wirkung der Mate aber sanfter, dafür länger anhaltend als bei anderen koffein- oder teeinhaltigen Getränken. Ein großer Teil der Mate geht übrigens in die hippen Bio-Mate-Limonaden.
Unsere Reise nach Argentinien, 2018
Von Buenos Aires aus geht es am Rio de la Plata/ Rio Uruguay entlang bis ganz in den Norden – in die Provinz Misiones.
Durch weite Weideland/ Orangehain-Landschaften erreichen wir jetzt eine subtropische, bergigere und waldige Region mit der typisch roten Erde. Im argentinischen Winter ist es auch hier kühl – um die 16 C°Grad.
Wir besuchen unseren Mate- Lieferanten Kraus, ein Familienbetrieb in 4. Generation, aus Österreich stammend. Mit unserem Partner Milton Kraus, der den Export betreut, sind wir nun eine Woche zusammen und begleiten alle Arbeitsprozesse.
Der kleine Witz: Kraus hat auch die Heuschrecke im Logo seiner Eigenmarken, auch weil sie für Milton ein Symbol intakter Natur sind, das hat uns sofort verbunden.
In der Mate-Mühle
Heute beginnen wir mit der Produktion, also das, was nach dem ersten Verarbeitungsprozess und dem ersten Grobschnitt stattfindet. Diese Weiterverarbeitung erfolgt nicht auf der Farm, sondern in der biozertifizierten Cooperative Calo in Oberá, wo Kraus Mitglied ist. Das Ganze wird Mate-Mühle genannt.
Foto 1.: Es gibt 2 Bodentrichter, wo die getrocknete Rohware reinkommt, ein Trichter für den Blatt-Tee (sin Palo), und ein Trichter für Mate ‘con Palo’, also mit Staub und Stängeln, wie er für die Kalebassen genommen wird.
Foto 2 und 3) Die Produktionslinie für Mate con Palo, hier werden Blätter, Äste und Stängel separiert, bzw. in einem bestimmten Mischungsverhältnis zusammen belassen. Zwei Mühlen für Blatt und Stengel, und hier werden auch Blatt und Palo wieder im gewünschten Verhältnis zusammen geführt
Foto 4 Silos , hier geht der fertige Mate Tee hinein und wird abgesackt ((Foto 6)
Foto 5 Produktionslinie Blatt-Tee ‘sin Palo’, hier wird das Blatt von Stängeln getrennt, das Blatt geschnitten und in Bigbags abgefüllt.
Minimum für eine Produktion sind 5 Tonnen, 10 to können pro Tag produziert werden, es läuft nur 1 Produktion gleichzeitig, daher keine Verwechslunggefahr der verschiedenen Cooperative- Mitglieder.
Das besondere an Mate ist, dass zur Vermehrung der Samen durch einen Vogel – den Tukan – gehen muss. Sonst gehen sie im Boden nicht auf. Mate ist autochthon in diesem Flecken Erde – Nordargentinien, Südbrasilien und Paraguay.
Besuch in der Nursery
Heute besuchen wir Valeria Morales , sie züchtet die Setzlinge für die Matebauern. Ein wichtiger Job, der viel Know-how erfordert, von der Auswahl der Samen bis zur Pflege in der Aufzucht. In Misiones gibt es ca. 15 solcher Unternehmen, aber die studierte Forstwirtin Valeria ist die Einzige, die auch Bio- Setzlinge anbietet.
Der Mate-Strauch hat eine kleine Frucht, die 4 winzige Samen enthält.
In der Natur präpariert wie gesagt ein Vogel den Samen – sonst geht er nicht auf. Für die Setzlings-Nurseries geht man folgendermaßen vor:
2 Tage einweichen in Wasser, dann in eine Maschine geben, die die Samen auslöst. Das machen eigene Unternehmen, von denen auch Valeria ihre Samen bezieht.
Das Wachstum ist sehr langsam, nach 3 Monaten sind sie ca. 3 cm groß, nach 1 Jahr ca. 30 cm. Die Bio-Setzlinge sind langsamer, aber kräftiger.
Valeria achtet darauf, gut selektierte Samen zu bekommen, diese Selektion benötigt ein spezielles Wissen.
Von August bis November werden die Setzlinge gezogen, optimal sind 8 Monate „Kindergarten“.
Im März werden sie dann in den Farmen gepflanzt.
Mate-Ernte – Besuch auf der Kraus Farm
Mate wird in den Wintermonaten April bis September geerntet. Die Familie Kraus hat ein Hauptfeld von ca. 100 ha und einige kleinere Stücke, sowie seit kurzem ein neu erworbenes Feld, wo im März die Setzlinge gepflanzt wurden.
In der Erntezeit wächst die Belegschaft auf 20-30 Mitarbeiter an, übers Jahr sind 10-11 Mitarbeiter auf der Farm.
Mate zu ernten ist eher Männerarbeit, da es einiges an Körperkraft fordert. Es geht ziemlich schnell: eine Gruppe schneidet die Äste, eine weitere gewinnt die Zweige mit den Blättern zur Weiterverarbeitung und packt sie zu Ballen.
Gegen Mittag trifft dann die Tagesernte auf der Farm zum Processing ein, doch zunächst welken die Zweige – wie bei Grüntee, allerdings viel länger – 24 Stunden, um schon Feuchtigkeit zu verlieren. Dann kommt die Feuertaufe – diese werden wir morgen sehen.
Mate-Ernte
Processing auf der Farm – die eigentliche Verarbeitung
Hier folgen nochmal einige kurze Videos zur Verarbeitung:
Dieser Ofen heizt genialerweise nicht das Trocknungsgut direkt ( das würde Anthrachinon-Kontaminationen geben) sondern erhitzt Wasser, dessen Dampf dann indirekt Heißluft erzeugt. Doch dazu später mehr.
Von dem großen Förderband fällt die frische Mate durch eine Gasflamme in die „Tube“, eine sich drehende Trommel. Der Feuerschock, analog zur schnellen Erhitzung des Grüntees, ist eine von den genialen Kraus‘schen Erfindungen.
In diesem Video sehen wir, wie die frische Mate vorne reingeht, unter der Fläche, wo Miltons Schwester Romina steht, ist die „Tube“, – und wie es nach 1-2 Minuten hinten hinaus kommt, bereits angetrocknet.
Der Feuerschock. Wenn man genau hinschaut, sieht man die Mate durch das Feuer rieseln.
Der Trocknungsprozess bei 80 Grad dauert insgesamt 2 Stunden.
Am hinteren Ende der Trocknung geht es weiter in einer rotierenden Trommel, dann in eine Schneidemaschine und einen Trieur, der die größten Stengel aussortiert.
Die fertige, aber noch grobe Mate wird hier in Säcke gepackt, und bis zur Endverarbeitung in der Mate-Mühle der Cooperative (wie oben beschrieben) gelagert.
Es gäbe noch viele Details im Processing zu erzählen, viele kleine Verbesserungen und Erfindungen von Milton und seinem Vater, der ein technikaffiner Ingenieur ist. Uns hat begeistert, was für ein gutes Team die ganze Familie bildet.
… und ein kurzer Ausflug nach Paraguay
Mate ist autochthon in der subtropischen Region Südbrasilien – Misiones/Argentinien – Paraguay im Urwaldgebiet des Parana-Beckens (Rio de la Plata). Heute stammt Matetee in Misiones und Paraguay aus Anbau, in Brasilien im Moment noch viel aus Wildsammlung.
Mate wurde schon lange vor den europäischen Kolonialisten als Getränk und Heilmittel genutzt. Die sanft missionierenden Jesuiten haben die Kultur der Indios (Guaraní) auch dadurch unterstützt, indem sie wohlüberlegt den Mate-Anbau zum Exportschlager ausgebaut haben.
Nach der Vertreibung dieses menschlich-religiösen Missionsordens durch die Kolonialisten, denen der relativ demokratisch/aufgeklärte ‘Jesuitenstaat’ im Staate (in dem die Guaraní vor Sklaverei geschützt waren) ein Dorn im Auge war, war die Mate-Kultivierung fast in Vergessenheit geraten.
Heute gehört Mate erstaunlicherweise in allen Anbauregionen zu den drei wichtigsten Wirtschaftsprodukten. Die Teenies abends auf der Promenade, die Arbeiter und Büroleute tagsüber auf der Straße, laufen üblicherweise Mate trinkend herum (wir haben kein einziges Wegbier gesehen), bei jedem geselligen Zusammentreffen ist mindestens eine Calebasse und die Thermoskanne heißes Wasser dabei.
Auf dem heutigen Ausflug nach Paraguay mit Milton Kraus, und nach einem Abstecher zum Weltkulturerbe ‘La Santisima de Trinidad’, den Ruinen einer großen jesuitischen Guaraní- Missionssiedlung (reducciones) besuchen wir eine traditionell arbeitende, konventionelle Matefabrik, um den Unterschied kennenzulernen.
Der Verarbeitungsprozess besteht ebenfalls zunächst aus einem Feuerschock, anschließender Trocknung und Schneiden/Sortieren.
Das große Problem der traditionellen Verarbeitung ist der lange Kontakt der Ware mit dem Rauch des Feuers. In Verbrennungsprozessen entstehen die Umweltkontaminanten PAK, sowie das berüchtigte Anthrachinon, Biphenyl und Orthophenylphenol, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Rauchreduzierende Maßnahmen sind also heute unabdingbar.
In Paraguay sehen wir den üblichen. preiswerten Verarbeitungs-Prozess, wo zum Feuerschock direktes Holzfeuer verwandt wird: in einer befeuerten Trommel dreht sich die Mate für 6 Stunden, wo er punktuell mit den Flammen, aber dauerhaft mit dem Rauch in Kontakt kommt. Der anschließende Trocknungsprozess dauert noch mal 24 Stunden. Die Trocknungsfläche wird durch einen großen Holzofen beheizt, der Rauch gelangt dabei natürlich durch alle Ritzen.
Die hohen Kontaminations-Werte wären das Aus für die Bio-Anerkennung, da die 3 genannten Stoffe durch das BfR als Pestizide interpretiert werden und nicht als Umweltkontaminanten – hier fehlen neuere Forschungen und Einordnungen, denn mit Feuer und Verbrennungsrückständen lebt die Menschheit ja schon sehr lange.
Tatsächlich gab es, nachdem die Labore standardmäßig in der Lage waren, Anthrachinon usw. zu messen, wegen der niedrigen Höchstmenge erstmal 3 Jahre lang kaum traditionelle Bio- Mate auf dem deutschen Markt. Bei Pu Erh Tee war es dasselbe. Das argentinische Kleinbauernprojekt, von dem wir lange Mate bezogen, konnte das leider nicht in Griff bekommen und hat die Biozertifizierung schließlich aufgegeben.
Milton Kraus und sein Vater Juan haben ihren Verarbeitungsprozess schon seit einigen Jahren so angepasst, dass der Rauch nicht mehr in Berührung mit der Ware kommt. Beim Feuerschock kommt eine Gasflamme zum Einsatz, und die Beheizung der Trocknungsfläche ist indirekt, d.h. der Holzofen heizt Wasser, das über einem Radiator Heißluft erzeugt. Die Prozesse sind kürzer gehalten. So werden die Kontaminantenwerte auf ein Minimum unter Bestimmungsgrenze gehalten. Der ingenieurtechnisch anspruchsvolle, aber mit einfachen Mitteln strukurierte Prozeß macht das Produkt qualitativ sehr hochwertig, aber auch etwas teurer.
So, das wars für diese Mal mit dem Reisebericht, er endet mit dem herzlichsten Dank an die Familie Kraus. Die nächste Reise geht nach …
Bernhard Schickl
Ein sehr ausführlicher Artikel, der die Neugier auf den Mate-Tee weckt und einem das Produkt näher bringt. Es ist wichtig zu erfahren, wie aufwändig der Entstehungsprozess des Tees ist, eben nicht nur pflücken und ab in die Tüte! Wir als Erzeuger von bilogisch zertifiziertem griechischem Bergtee und Cistus incanus sind dankbar für solche Berichte, oft sieht man nur das Produkt und den Preis… und der Preis hat, wie hier ausführlich dokumentiert zurecht seinen Preis!