24 Jahre Ohrenkuss – 11 Jahre William und Kate – 45 Jahre Heuschrecke

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Mit Ohrenkuss verbindet uns schon eine lange Freundschaft. Ende der 90er Jahren, als es noch keine Blogs gab, haben wir Texte der Ohrenkuss-AutorInnen in unsere Print-Preislisten eingestreut. Seit 2009 teilen wir Ohrenkuss-Beiträge auf unserer Website, seit 2017 auch auf Social Media.

Vor einigen Monaten war unsere Website Ziel eines Angriffs geworden. Zum Glück konnte die ganze Seite wiederhergestellt werden. Nur unser Archiv mit allem, was vor 2017 geschah, musste aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Sie sehen es an den durchgestrichenen Verlinkungen, die auf ältere Beiträge hinweisen.

Wir sind dabei, aus unseren Archiven die heute noch relevanten Beiträge wieder herzustellen. Dabei stoßen wir auf viele alte „Schätzchen“, wie auch diesen Bericht über die royale Hochzeit 2011, den Ohrenkuss eigens für Heuschrecke geschrieben hatte. Auf besonderen Ohrenkusswunsch (hallo Anne) kommt dieser Text jetzt noch einmal! Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen.

 

William und Kate – Die emotionalsten Momente live – Der Original-Bericht von 2011

Ohrenkuss …da rein, da raus – das Magazin, gemacht von Menschen mit Down-Syndrom, unter der Leitung von Herausgeberin Dr. Katja de Bragança. Ein einzigartiges und vielfach prämiertes Projekt der downtown – Werkstatt für Kultur und Wissenschaft. Die Ohrenkuss-AutorInnen bloggen einmal im Monat bei uns zu aktuellen Themen.

 


Alle Medien weltweit kennen derzeit nur ein Thema: die Hochzeit des britischen Thronfolgerpaares. Keine Frage dass auch die Ohrenkuss-Redakteure sich an der allgemeinen Diskussion beteiligen wollen. Sie haben die Hochzeit des Jahres genauestens unter die Lupe genommen. Marc Lohmann diktiert:

“Ich habe die Zeitung durchgelesen. Ein Herr und eine Frau, die haben geheiratet. Und der eine Kuss. Die lieben sich.”

Doch nicht nur mittels Zeitung hielten sich die Redakteure auf einem aktuellen Stand. Selbst im Urlaub informierte sich Redakteurin Angela Baltzer genau. Sie diktiert:

“In Mallorca habe ich im Fernsehen geguckt über Hochzeit geguckt. Der William hat mit dem Frau geheiratet.”

Dem Frau? Für die, die es genauer wissen wollen, liefert Marley Thelen mehr Informationen:

“Die Kate ist die Beruf Prinzessin zu werden. Das finde ich toll. Ihr Name ist lang: Catherine Mountbatten-Windsor, Duchess of Cambridge.”


Doch Marley Thelen lässt sich nicht kritiklos hinreißen von der euphorischen Berichterstattung über weiße Kleider und Blumen. Es gibt einen dunklen Fleck in Kates Biographie, den sie gnadenlos aufdeckt. Sie diktiert:

“Die Kate, die ist Hirschjäger. Das finde ich nicht so schön. Ich mag Hirsche gerne, und die sind total süß, finde ich.”

Williams Beruf findet bei ihr deutlich mehr Anklang:

“Der William Beruf (Pilot) finde ich total super. Das will ich auch machen.”

Und Marley ist nicht die Einzige, die trotz Jubel und Freude ihren kritischen Blick auf die Geschehnisse behält. Julia Bertmann gibt sogar an, die Hochzeit insgesamt eher enttäuschend gefunden zu haben:

“Ich konnte morgens die Hochzeit von Kate & William nicht sehen. Ich musste arbeiten. Ich schaffte es erst abends 20.15 Uhr sie zu sehen. Ich fand sie enttäuschend. Sie hatten nur die Autoschlange gefilmt. Die Hochzeit war verkrampft. Die Hochzeit muss in einer lockeren Atmosphäre sein. Das war sie aber nicht.”

Das mag vielleicht an den Briten liegen, denen man ja nachsagt, eher steif zu sein. Andere Königshäuser haben es da leichter:

“Die Hochzeit, die mir sehr gut gefallen hat, war die von Schweden.”


Jule Müller stimmt die Hochzeit eher traurig. Sie schreibt mithilfe von gestützter Kommunikation:

“Ertragen kann sehr schwer, tore offen für kate und william, ich down-syndrom  habe-iseliges, denke, dass ich niemals heiraten kann, dass necht mutter werden kann. Innerlichär degenstoss darstellt, solch ein ereignis als behinderte tv zu sehen. Traurig merere gründe das mich macht, graeme mich dieses erregte gerade aufzuschreiben, qwalen essenzielle sind.”

Doch Kritik gibt es aus der Ohrenkuss-Redaktion nur vereinzelt. Die meisten stimmen in die allgemein vorherrschende Euphorie mit ein. Paul Spitzeck diktiert:

“Mir gefällt die Hochzeit und die erste Kuss. Die William hat sein Herz trommelt, wenn die sehe die Kate. Und dann hat die Hochzeit Spaß gemacht!”

Martin Weser schreibt:

“Die Hochzeit von Kate und William hat mir gut gefallen. Sie sind bezaubert schön.”

Achim Reinhardt ist hingerissen von der Braut. Er schreibt:

“Ich erzähle das Märchen von Kate und William. Ich finde es gut, dass Kate einen Mann hat. Ich mag Kate, weil sie eine schöne Frau ist. Die Traumhochzeit ist wahr.”

Tilman Linz gefiel vor allem die Stimmung in der Kirche. Er diktiert:

“Eine Kirche war groß und lang und da war auch sehr viele Leute drin und da war auch ganz ruhig und ganz leise, da kann man auch gut konzentrieren.”

Karoline Spielberg hat die Hochzeit nicht gesehen.

“Ich gucke nie Fernsehen.”

, diktiert sie. Heiraten ist trotzdem eins ihrer Lieblingsthemen.

“Das Hochzeit ist schön. Das Hochzeitskuchen Hochzeitsschmaus sehr gut. Heiraten ist super!”


Auch Lars Breidenbach fasst – ganz Profi – noch mal kurz und knapp zusammen, was bei einer Hochzeit wichtig ist, auch ohne das Spektakel selbst verfolgt zu haben. Er diktiert:

“Bei Hochzeit isse wichtig: küssen, Hochzeitskuss. Händchen halten, Ring geben, Ring auf [stecken] Frau Mann. Feiern, auch Polterabend, vorher, auch feiern, Geschirr haben für kaputt machen. Warum? Bringt Glück, macht Glück, Andenken.”

Tobias Wolf ist besonders die musikalische Untermalung der Feier im Gedächtnis geblieben. Er diktiert:

“Es gab viel Kirchenmusik und viel Chorgesänge und sie haben auch gesungen “God save the Queen!” und es wurden auch jede Menge Texte gelesen und es wurde auch viel gebetet zu Gott für den Hochzeitstag, für die Flitterwochen, für die Arbeit und für die neuen Kinder. Die heißen dann Prinzen und Prinzessinnen. Dann war schon bald die Kirche zu Ende. Zum Ausklang gab’s die Fanfarenklänge.”

Neben der Zeremonie selbst war es vor allem ein Thema, dass vor, während und nach der Hochzeit heiß diskutiert wurde: Wer trägt was? Welche Outfits begeisterten, welche liegen völlig daneben? Katharina Müller schreibt dazu:

“Kate ist schön im weißen brautkleid. Es ist ein Königen mit einen krone auf den kopf und William wa auch schön im uniform mit Bender. Es war schön im einen jahre. Das die traumhochzeit des jahres ist im april 2011.”

Auch Marc Lohmann begeistert sich für die Outfits des Brautpaares. Er diktiert:

“Die Hochzeit Kate und William: Auf der roten Matte sind die drüber gelaufen. Kate hatte weißen Umhang, also Hochzeitskleid. Und der Herr schwarze Sachen und Krawatte natürlich.”


Die Schleppe hat nicht nur Marc beeindruckt. Tobias Wolf diktiert:

“Als Erster kam der William. Er war rot angezogen. Die Uniform war rot von der Irish Company und mit einer schwarzen Dienstmütze. […] Die Kate kam dann viel später. Sie hatte eine weiße Hochzeitsbekleidung und hinten hat eine Dienerin geholfen mit dem langen weißen Schlepper.”

Anna-Lisa begeistert sich vor allem für die Schwester der Braut, von ihr im Bild festgehalten mit lila Stiefeln zum weißen Kleid:

“Die Pippa war bei der Hochzeit hübsch.”

Achim Reinhardt begeistern die Hüte der anwesenden Damen. Er schreibt:

“Victoria Beckham und David sind auch dabei. Sie hat Stöckelschuhe an, mit denen kann Mann nicht laufen und der Hut fällt schon runder. Der Pfirsichhut von Victoria von Schweden ist auch ganz schön. Alle haben komische Hüte auf. Die Hüte sind irgendwie im anderen Format gemacht. Eine sieht aus wie Olympia, den hat Prinzessin Beatrix auf.”

Martin Weser begeistert sich für die zurückhaltende Eleganz der Queen. Er schreibt:

“Die Quien ist die Königin von England. Quien ist sehr elegant mit gelben Kostrüm mit Hütchen und die andere Frauen trugen auch Hütchen. Die Quien ist eine Oma. Sie sitzt auf dem Thron und ist froh.”

Tobias Wolf hat die Queen ebenfalls genauestens im Auge behalten. Er diktiert:

“Die Queen Elizabeth hatte eine gelbe Bekleidung und einen gelben Hut. Die Leute haben gewettet, dass die Queen in der Kirche einschläft. Das habe ich nicht gesehen. In England ist es üblich, dass man solche Wetten macht.”

Autorin Angela Fritzen hingegen interessierte sich weniger für die Outfits. Sie will große Gefühle miterleben. Sie schreibt:

“Ich habe bei mir im Altenheim schön gesehen im Fernseher. Die Traumhochzeit, die emotionalsten Momente live. Die schönsten Bilder des Tages noch einmal Revue passieren.”

Einer der emotionalsten Momente des Tages: der Kuss auf dem Balkon. Viel wurde diskutiert: War der Kuss zu kurz? Was bedeutet das für die Ehe der beiden? Angela Baltzer findet:

“Der hat gefühlt wie sehr leichter Kuss.”

Anna-Lisa Plettenberg war es eher zuviel Küsserei. Sie schreibt:

“Dann sind sie mit den Kusche zur Schloss und haben sie ein Balkon. Da waren sie und haben zuviel geküsst.”

Paul Spitzeck ist sich sicher:

“Seele für Kate ist gepanikt, was sie zukommt, und tausend Schmetterlinge im Bauch.”

Die rauschende Party, die nach der Trauung im Buckingham Palast getobt haben muss, regt ebenfalls die Phantasie der Redakteure an. Antonio Nodal diktiert:

“Musik und da schöne Frau zusammen und Mann und Frau Hochzeit und der Jung hat getanzt.”

Auch Michael Häger kann sich die Partystimmung im englischen Königshaus lebhaft vorstellen. Er diktiert:

“Der Mann, […] der tanzt alleine und dann kommt eine Braut ist schick, schönes Kleid. Ganz viele Leute habe ich zusammen gesehen zusammen tanzen. Tanzen zusammen, die Leute sind gut drauf.”


Bei Björn Langenfelds Beschreibung der Tänzer bekommt man selbst Lust, die Hüften gemeinsam mit William und Kate kreisen zu lassen. Er diktiert:

“Frau tanzt mit der Hand, das Kleid tanzt, Schultertanz, Arm tanzt vor und zurück, Mann  tanzt blaue Band Anzug drauf. Pastor auch tanzt hin und her.”

Und zu welcher Musik wurde so ausgelassen getanzt? Das weiß Tilman Linz zu berichten:

” Da war ein bisschen HipHop da, eigentlich war gut gehört und auch gut gesungen hat.”

In der Regel endet die Berichterstattung über Hochzeiten nach Kuss und Tanz – nicht so die der Ohrenkuss-Redakteure. Karoline Spielberg ist sich sicher, dass die beiden zwei Kinder bekommen werden, einen Jungen und ein Mädchen. Aber vorher kommen noch die Flitterwochen. Vorerst verschoben, wegen wichtiger beruflicher Termine – doch das kann kein Dauerzustand sein! Karoline diktiert:

” Zusammen reisen, Urlaub machen. Dann Kreuzfahrt, Traumschiff, zusammen leben. Dann schön. Leute angeln sehen. Ich mag gerne Schiff, Kreuzfahrt.”

Lars Breidenbach findet Angeln während der Flitterwochen weniger wichtig. Er findet Zweisamkeit wichtiger – bestimmt ein Grund, warum das Paar das Ziel der geplanten Reise geheim hält. Er diktiert:

” Und nachher Flipperwochen, ist wichtig, Sex haben, nackt sein. Zärtlichkeit und Liebe.”

Anna-Lisa Plettenberg schreibt dazu:

” Dann wollten ja auch in den Fletterwoche machen wollten. Dann konnte der William nicht mit Kate machen weil er zimlich eligen. Dann schieben sie die Fletterwochen nach wenn sei ein Kind haben. Vielleicht haben sie es schön.”

Die britische Märchenhochzeit – ein spannendes Ereignis, das bestimmt nicht nur den Ohrenkuss-Autoren in Erinnerung bleiben wird. Das jedenfalls wünschen sie William und Kate: Zärtlichkeit und Liebe. Und dass sie es schön haben miteinander.

 


Texte zusammengestellt von Anne Leichtfuß
Die Fotos sind während der Redaktionssitzung zum Thema Royal Wedding von Künstlerin Gabriele Lutterbeck gemacht worden.
Die Zeichnungen stammen von den Autoren Paul Spitzeck und Anna-Lisa Plettenberg.

 

 


Einige Ohrenkuss-AutorInnen in einem Kölner Hinterhof. Marc Lohmann (mit Mütze), Karoline Spielberg (vorne), Susanne Kümpel (hinten mit weißer Jacke), Angela Fritzen (auf dem Zaun), Antonio Nodal (vorne), Svenja Giesler (mit der roten Jacke) und ein Gast aus Berlin.

… mongolisch ist mongolisch und klingt wie mongolisch …

Ohrenkuss …da rein, da raus, das Magazin, gemacht von Menschen mit Down-Syndrom gibt es seit mehr als zehn Jahren.
Das Projekt ist einmalig auf der ganzen Welt und mehrfach preisgekrönt.
Es erscheint zweimal jährlich – mit jeweils einem Thema, Texten der bis zu 50 AutorInnen mit Down-Syndrom und professionellen Fotos. www.ohrenkuss.de
Im August 2010 wurde das Bundesverdienstkreuz dafür an Gründerin Katja de Bragança verliehen – der Bericht ist hier:  https://www.heuschrecke.com/ohrenkuss-verdienstkreuz-am-bande/
©Fotos: Gabriele Lutterbeck      http://www.gabrielelutterbeck.de

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