BioBeitrag: Verantwortlicher Umgang mit CO₂

 

Die Öko-Lebensmittelhersteller streben eine nachhaltigere Unternehmensausrichtung an. Das bedeutet, Nachhaltigkeit ganzheitlich in unternehmerische Entscheidungen einzubeziehen. Ein entscheidender Faktor sind dabei die CO₂-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Wer diese vermeidet und klimaneutrale Produkte erwirtschaftet, der leistet einen konkreten Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Die Unternehmen berechnen dafür zunächst ihren Status Quo: Alle CO₂-Emissionen, die in der Prozesskette unvermeidlich entstehen, werden durchleuchtet. Anschließend können über optimierte Prozesse Emissionen verringert werden, wie z.B. bei Herstellverfahren oder Verpackungen. Eine alternative Möglichkeit, unvermeidbaren CO₂-Ausstoß auszugleichen, sind anerkannte Klimaschutzprojekte.

 

Anmerkung Heuschrecke: Wie ist das bei uns?

Als stark manuell arbeitender Betrieb sind wir seit jeher ressourcensparend ausgerichtet. So ist es auch in unseren Lieferketten: Kräuter, Gewürze und Tee unterliegen wenigen Verarbeitungsschritten. Energie ist notwendig für die Trocknung, Schneiden/ Mahlen sowie für Transporte. Transporte laufen hauptsächlich auf geraden Wegen, direkt zu uns oder über einen Importeur. Wir machen jetzt seit 45 Jahren Bio und sind seit 1993 (Geburt des EU-Bio-Gesetzes) biozertifiziert.

Die jetzt ungefähr 15 Jahre alte Idee der zusätzlich Klimaneutralitätszertifizierung mit CO₂-Kompensationszahlungen für CO₂-Emissionen hat uns damals sofort an den kirchlichen Ablasshandel erinnert. Es ist eine westliche Idee und bekommt eine Anmutung neokolonialer Züge: Die Gelder gehen in oft autokratisch regierte Drittländer mit hohem Korruptionsindex, die eigentlich aber die rechnerisch „eingesparten“ Treibhausgasemissionen auf ihr eigenes CO₂-Neutralitätskonto nehmen dürften – aber zugunsten der Industrieländer irgendwie darauf verzichten sollen – sonst würde die westliche Rechnung ja nicht stimmen.
Natürlich gibt es Wettbewerb unter den Zertifizierern sowie den Anbietern für die Ausgleichszahlungen. Man zahlt nicht überall dasselbe, um eine Tonne CO₂ rechnerisch vermieden zu haben. Auch wer sich mit der gerade aufkommenden Idee der „wahren Preise“ für Produkte beschäftigt (dort sind die Umwelt- und Sozialkosten im Verkaufspreis enthalten, die das Produkt konkret verursacht, die aber zurzeit vergesellschaftet werden – was Bio so teuer aussehen lässt …), sieht, dass in der Vorbild-Studie eines LEH die Hälfte der „wahren Kosten“ weggelassen wurde.

Für komplexe, intransparente Lieferketten, die darauf aus sind, global jeweils den billigsten Ort für die jeweilige Teilproduktion zu nutzen, wäre das CO₂-Neutralitäts-Label ein nützliches Werbe-Instrument, das aber nicht wirklich etwas mit einer umfassenden Nachhaltigkeits-Qualität des Produkts zu tun hat.
Für Kleinbetriebe sind solche Zertifizierungen kostspieliger: es geht ja nicht nur um ein paar Tausend Euro Zertifizierungskosten und zusätzlich Ausgleichszahlungen jährlich, sondern es braucht eine zusätzliche Stelle und legt einmal im Jahr den Betrieb für eine Woche lahm. Am Ende hat man dasselbe Siegel wie ein Konzern, aber die eigenen Produkte sind viel teurer, und auch von der Qualität her nicht wirklich vergleichbar.

Wir arbeiten bevorzugt mit Kleinbauernprojekten und selbstständigen Bauern, und wir zahlen für unsere guten Qualitäten vergleichsweise sehr hohe Preise. Das, was wir bei härterer Gangart als Gewinn einstreichen und in „Greenwashing“ stecken könnten, geben wir sofort den Bauern. Die Projekte haben ihrerseits häufig Zugang zur (Umwelt-/Klima-/Saatgut-/Boden-) Forschung. Gerade die Bio-kleinbäuerliche Landwirtschaft schafft einen hohen Wert für Umwelt und Klima.

Es ist ein sich selbst antreibendes Rad: die Strukturen der Industrie sind so groß, dass selbstverständliche Umwelt- und Sozialstandards nur über Zertifikate kommuniziert werden können. Dafür sind alle Mitglieder der Lieferkette bis in die Drittländer angehalten, selbst in Zertifizierungen zu investieren. Verwaltung und Kosten der „Nachhaltigkeit“ lassen sich leichter in Großbetrieben mit eigener Nachhaltigkeitsabteilung stemmen.

Frage: wie stellst Du dir die gesamten Zertifizierungskosten im Verhältnis zum Einkommen in der Landwirtschaft im Ursprung vor?

Für den Kleinbetrieb gilt: gibt er jetzt Tausende für das Klimaneutralitätslabel aus, oder steckt er dasselbe Geld in neue, energieeffizientere Ausrüstungen?

 

#30JahreAöL
#45JahreHeuschrecke
AÖL = Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller 

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