Hin und wieder laufen die Kommentare gegen einige unserer Kindertees, genauer Zimtzicke, Professor Schlau und Zornige Mädchen, aus dem Ruder. Deshalb hier mal wieder eine Stellungnahme, warum wir diese Tees gemacht haben, und wie sie entstanden sind.
Diese 3 Tees haben wir in den 00er Jahren entwickelt.
Manchmal sind unsere Produkte etwas gesellschaftlich-politisch motiviert, manchmal nicht ganz unbeabsichtigt etwas polarisierend.
Wir beobachten Umwelt, Gesellschaft, Tagespolitik – so können Ideen entstehen.
z.B.:
2009:
Schulpolitik, Hauptschuldiskussion, Pisastudie, Mädchen hängen die Jungs ab, Mut- und Perspektivlosigkeit bei Schülern, die Verlierer sind im Moment die Jungen und besonders Migrantenkinder. Und hat sich das jetzt 2023 schon geändert? Wir haben seitdem die große Flüchtlingswelle 2015, die Pandemie 2020-2022 und den Krieg in der Ukraine mit erneuter großer Flüchtlingswelle erlebt, also viele Kinder, die ohne Deutschkenntnisse beschult werden müssen, eine lange Phase ohne Präsenzunterricht. Heute: mehr Mädchen als Jungen machen Abi, Schulabbrecher überwiegend Jungen, ausländische Jungen haben die schlechtesten Bildungsabschlüsse (Zahlen 2020-2021), Ist der Tee nicht mehr aktuell? Dann stellen wir ihn sofort ein.
Professor Schlau Tee ist als Ermutigung entstanden, Nomen est Omen – wenn nicht Professor, stehen doch zumindest viele andere Berufe offen, und mit Spaß und Leidenschaft ist das Lernen leichter. Es ist wichtig, eine Vorstellung zu pflegen und Vorlieben herauszubekommen – das gilt für Jungen wie für Mädchen. Die Jungen und Mädchen selber kommen nicht auf die Idee, den Tee wegen ihres Geschlechts nicht zu trinken.
Wenn wie jetzt geschieht, empörte Mütter fordern, den Tee “Professorin Schlau” (oder ProfessorIn Schlau) zu nennen, wird ein Genderdenken in die Kinderwelt getragen, das so nicht dort existiert. Die Kinder denken noch nicht so trennend, wie die Erwachsenenwelt.
Auch die Brille des Kindes wurde beanstandet, auch, dass das Kind “männlich gelesen” werden konnte.
Die Fotos auf unseren Tees sind nicht verhandelbar. Sie stammen aus unserer Familie, und jeder durfte mal aufs Etikett. Auch heute als junge Erwachsene sind sie noch mit den Etiketten einverstanden.
2008:
Unser Tee “Zornige Mädchen” ist nach Erfahrungen und Beobachtungen der ungeheuren Kraft vieler kleiner Mädchen entstanden, die sich in Wutausbrüchen und Dickköpfigkeit zeigt, und kollidiert mit der Vorstellung: “Mädchen müssen brav, lieb und nett sein”.
Wird diese Wut abtrainiert, wird sie vielleicht in der Pubertät für Erwachsene leichter händelbar, ist aber dann tatsächlich leider zuwenig vorhanden in der Politik, oder den oberen Wirtschaftspositionen.
Warum wird von einigen Frauen, die uns empörte Emails schreiben, der Begriff “Zornige Mädchen” als negatives Klischee empfunden? So wird diese Denkfalle aufrechterhalten.
Der Anlass war die Weltwirtschaftskrise 2008. Die Idee dahinter: wäre diese Krise auch entstanden, wenn 50% aller Entscheidungsgremien mit Frauen besetzt wären? Und hat sich das jetzt, 2023, schon geändert? Wie sähe es mit der Klimakrise aus, wenn wirklich alles paritätisch besetzt wäre? Aktuelle Diskussion Equal Pay? Wenn das alles in Ordnung ist, stellen wir den Tee sofort ein.
2002:
Zimtzicke – selbstermächtigendes Schimpfwort für unangepasste (störrische, launenhafte, bzw. störende, unkontrollierbare) Mädchen – meist in der Pubertät. 90er: Riot Grrrls, 2010er: Bitch.
Einen Grad Unterschied zwischen schimpfen und beleidigen: schimpfen dürfen die Mütter über ihre Töchter – Zicke ist ein gängiger Kommentar zu pubertärer Flegelhaftigkeit. Durchaus mit Augenzwinkern – Jede/r weiß, dass Heranwachsen nicht einfach ist, und ohne Regeln/Grenzen auszutesten wird kaum die Stärke entwickelt, die für ein selbstbestimmtes Erwachsenenleben notwendig ist.
Zicke als Beleidigung zu definieren, implementiert, dass es etwas Schlimmes ist, zickig zu sein. Zicken als oberflächlich zu bezeichnen hat in den interviewten Schulklassen zu einer Welle der Empörung geführt.
Ein Gegenmittel gegen solche Vereinnahmung und Ausgrenzung durch die “rechtschaffende Mehrheit” kann sein, sich selbst bewusst dieser Begriffe zu bedienen: schwul, Zicke, alte Schabracke usw. – als Ausdruck von Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein. Es gab damals T-Shirts „Zicke – na und“.
Die Mädchen vom Zimtzicke Etikett haben ihre Schulklassen befragt. (Zimt-) Zicke wurde sehr differenziert gesehen: um es als Schimpfwort oder Beleidigung aufzufassen, kommt es darauf, wer das sagt, und es würde dann auch in genau dieser Absicht gesagt. Es wird aber auch unter Freundinnen benutzt, um sich zu freundschaftlich zu ärgern oder zu necken. Als Teenamen wurde es durchweg als “cool und total lustig” empfunden. Sehr empört waren die Mädchen, dass die Email-Schreiberinnen Zicken (oder was sie sich darunter vorstellen), als oberflächlich oder egoistisch bezeichneten. “Woher wollen die wissen, was die alles schon erlebt haben!?”
Wir sind mit diesen Produktnamen für die Kinder- und Jugendtees in unserem Sinne ganz korrekt, aber es mag sein, dass sie nicht jederzeit als “political correct” angesehen werden.
Wie sieht das (Kinder-)Leben 2023 aus? Komplexer, globaler, eine Pandemie ist bereits erlebt, die Klimakatastrophe steht konkret an und es gibt nur unzureichenden politischen Willen, sie aufzuhalten. Rollbacks in Umwelt-, Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik. Artensterben, unsägliche Massentierhaltung (unsere schwarz-grüne Landesregierung will tatsächlich aktuell die konventionelle Schweinezucht noch stärken). Querdenker, Lügenpresse – was ist wahr und was ist nicht wahr? Chancengerechtigkeit und Bildungsmisere.
Unsere Jungen und Mädchen werden ganz andere Probleme zu bewältigen haben, wenn sie groß sind, und zwar gemeinschaftlich, nicht als Konkurrenz. Keine niedlichen Engelchen, Bengelchen, Prinzesschen, Räubertöchterchen bei Heuschrecke, kein Hygge und kein Jungsbashing!
Solange die Erwachsenenwelt sich nicht auf das Wesentliche konzentriert, bleibt die Zimtzicke.
Katrin Mikulla
Großartig!!!
Das erste Mal in meinem Leben schreibe ich einen Kommentar. Ich bin völlig begeistert.
War wegen eines Kundenprojketes bei Ihnen auf der Seite und bin so über diesen BLOG gestolpert und finde diesen Beitrag richtig gut. Vielen Dank.
Mit taktvollen Grüßen
Katrin Mikulla