Unser Gewürzpaprika: Spitzenqualität von Bio-Kleinbauern der Region Szeged
Paprika stammt ursprünglich aus Mittel- und Südamerika und kam wie viele Heil-, Gewürz- und Gemüse-Pflanzen im Gefolge Christoph Kolumbus nach Europa.
Paprika, und auch unser Gewürzpaprika, hat eine lange Vegetationszeit, und benötigt 6 Monate Wärme ohne Frost.
Zunächst wurde Paprika in Spanien angebaut, dann ab dem 18./19. Jahrhundert auch in Ungarn, wo die Methode verfeinert wurde, und sich über die Jahrhunderte ein Know How für höchste Qualität bildete.
In richtig heißen Ländern reift die Frucht am Strauch aus, in Ungarn kommt das klimatisch nicht ganz hin. So wurde eine Methode entwickelt, die Gewürzpaprikaschoten nach der Ernte im Oktober nachreifen zu lassen. Mindestens 2 Wochen, wenn möglich 3 Wochen, hingen sie in Netzen von den Hausgiebeln herab – heute lagern sie dieselbe Zeit in warmen Lagerhallen mit leichter Gebläse-Trocknung.
Der Vorteil des Nachreifens im Gegensatz zum Ausreifen am Strauch: es bleibt mehr Fruchtzucker erhalten, der am Strauch in den letzten Wochen doch abgebaut wird. Der Geschmack ist aromatisch-fruchtig, und Ungarn ist bekannt für die höchsten ASTA – (Farb-) Werte bei Gewürzpaprika.
Ursprünglich war Paprika immer scharf. Die Ungarn haben sozusagen den süßen Gewürzpaprika (edelsüß ist eine der Bezeichnungen) erfunden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es eine Mädchen-Aufgabe, die Paprikaschoten aufzuschneiden und die Kerne so lange zu waschen, bis die Schärfe hinausging. Inzwischen wurden milde Gewürzpaprika-Varietäten gezüchtet, und niemand wäscht mehr Kerne.
Die Kerne sind übrigens wichtig für die Farbe (wird nach dem Mahlen rot) und Brillanz des Pulvers, enthalten wertvolles Capsaicin und müssen unbedingt mitgemahlen werden.
Der Verarbeitungsprozess für ungarischen Gewürzpaprika ist:
- Ernte: Unsere Bio-Kleinbauern ernten von Mitte September bis Mitte Oktober von Hand. (Konventionelle Großbetriebe ernten auch mit Maschinen und beginnen mit frühreifen Hybridsorten bereits Mitte August).
- Nachreifen
- Waschen (kalt)
- Schnetzeln
- Trocknen bei 45 – 80°C
- Mahlen – 2x im Jahr, jeweils kurz vor dem Versand, um die Farbe bestmöglich zu erhalten. In Ungarn wird traditionell auf Steinmühlen gemahlen – nicht extrafein, sondern die Pixel bleiben etwas gröber (0,425 mm-Siebe), um die Inhaltsstoffe zu erhalten. Die ASTA-Werte bauen sich natürlicherweise im Laufe des Jahres ab (ca. 5 Asta/Monat, das Pulver wird gelblicher).
- Könner ernten 250 ASTA und mehr in guten Jahren. Die diesjährige Mischung unserer Kleinbauern wird ca. 150 ASTA nach der Verarbeitung haben (die Verarbeitung reduziert natürlich auch etwas).
Unser Bio-Paprika wird ausschließlich auf Steinmühlen in einer Szegeder Paprikamühle, einem alten Familienbetrieb, verarbeitet, der sich dafür extra biozertifizieren ließ. Als bekannter Traditions-Betrieb mit eigener großer Marke wird dort parallel auch konventioneller Paprika vermahlen. Beide Produktionsstränge – konventionell und bio – verlaufen zeitlich und räumlich getrennt.
Die alten Fotos weiter oben stammen aus dem eigenen Paprika-Museum der Mühle.
Unser Gewürz-Paprika stammt von Bio-Kleinbauern in Süd-Ungarn rund um die Städte Szeged und Hodmezövasharely (sprich: Hodd mesöö vasharei)- diese Region steht für Spitzenqualität, bekannt für schwarze Erde.
Übrigens, gerade als wir dort waren, erhielt Anita, die Chefin unserer Paprikamühle, als eine der ersten ungarischen Firmen die Anerkennung, ihren Paprika mit der geschützten (seit 2010 EU-Gesetzgebung) Ursprungsbezeichnung “Szegedi Paprika” zu vermarkten.
Unser Paprika erfüllt zwar auch die Ursprungsbedingungen, aber da wir nicht im Ursprung sondern bei uns im Haus abfüllen, dürfen wir diese Bezeichnung wahrscheinlich nicht verwenden – geben aber als Herkunft die Region Szeged an.
Interessant auch:nur jeweils 1/2 Jahr gäbe es die Qualitätsbezeichnung “Szegedi Paprika”, weil in der Regel nur etwa solange der Mindest-ASTA-Wert von 120 erfüllt werden kann.
Unser Koordinator Guszti requiriert die Bio-Bauern, sorgt für Saatgut, koordiniert Flächen, Mengen, Biozertifizierung und organisiert die Fertigstellung in der Paprikamühle und den Export.
Wenn sich ein Bauer entschließt, Bio-Paprika für unseren Koordinator auf zB. 2 oder 4 ha anzubauen, muss er die dreifache Fläche einplanen: Paprika wird in jährlicher Rotation mit Mais und Herbstweizen oder Gerste angebaut.
Paprika kann sowohl gesät als auch gepflanzt werden – unsere Biobauern machen beides, und zwar von Hand.
Über 30 Gewürzpaprika-Varietäten stehen zur Auswahl – mit Früchten “erected” oder “hanging down”, und unterschiedlichem Reifeverhalten, sodass mehrfache Erntedurchgänge im September und Oktober stattfinden können.
Beikräuter werden im Bio-Anbau im Juni-Juli fast täglich von Hand geharkt, drei Komplettdurchgänge in der Saison. Paprika braucht es heiß und sonnig – ein ungarisches Sprichwort sagt: “Paprika liebt nur den Schatten des Arbeiters.”
Der Klimawandel wirkt sich bereits aus, deshalb wird einerseits weiter mit geeignetem Saatgut experimentiert (wie in anderen Ländern auch), und sich andererseits darauf vorbereitet, überall Tropfbewässerungsanlagen aufzubauen – mobil oder fest. Auf einem Foto weiter unten sieht man, wie rissig der Boden im August ist.
Weitere Probleme für Paprika sind vor allem Hagel, Frost und Mäuse.
Drei unserer meist 8 verschiedenen ungarischen Gewürzpaprika-Bauern möchten wir hier einmal vorstellen.
Attila bewirtschaftet die Farm seiner Großeltern kontrolliert biologisch, und auf einer anderen, konventionellen Farm züchtet er daneben Saatgut für die Marktführerfirma Szegedi-Paprika. Dort baut er außerdem Kartoffeln, Hafer, Mais und Industrie-Luzerne an. Er hält Schafe für den Eigenbedarf und zur Gewinnung von Dünger.
Für Guszti baut Attila auf 4ha Bio-Gewürzpaprika in Rotation mit Mais und Brachland an. Dieses Jahr hat er drei verschiedene Sorten Paprika als Setzlinge gepflanzt.
Mihaly, seit 2005 biozertifiziert und gesamt 25ha, baut für Guszti auf 2ha Gewürzpaprika an. Er erntet davon 15-20 to Rohware, das ergibt 2,5 – 3 to fertiges Paprikapulver. Daneben baut er für weitere Abnehmer Gewürzpaprika, Kürbis und Dinkel an.
Dieses Jahr hat er die Sorte “Hoffnung” als Saatgut eingebracht. Das Ergebnis sieht sehr gut aus. Am Tag zuvor hatten wir bei Attila die Sorte “Sonnenschein” gesehen, die eindeutig kleiner ausfiel. Die Namen drücken auch das Experimentieren mit Erfolgen und Fehlschlägen aus, das durch den Klimawandel notwendig wird.
Kalman ist Bio-Pionier seit 1979. Seine 24ha Felder liegen günstig um die Farm herum und werden komplett biologisch bewirtschaft: Weizen, Facelia, Kartoffeln und Gewürzpaprika. Auf 1,2ha hat er für Guszti “Hoffnung” und “Caloressa” gesäht, mit dem Traktor. Geerntet wird wie bei den anderen Bauern per Hand.
Im Paprika-Feld gibt es eine Tröpfchenbewässerung. Auch wenn die Pflanzen gut versorgt sind, dürfen die Gewürzpaprika-Schoten nicht zu früh rot werden (jetzt Mitte August ist der Hauptteil noch ganz grün)- dies wäre ein Calciummangel der Pflanze.
Auf den Bildern sieht man Kalman mit seinen (prächtigen, finden wir) Söhnen. Sohn Kornel arbeitet neben seinem Studium auf der Farm mit und wird sie wohl später übernehmen.
In Kalmans Farm spürt man den Idealismus der Pioniere. Sie ist liebevoll eingerichtet und bietet Land- und Öko-Schnupperkurse für Schulkinder, mit einer Kochstelle draußen, einem prachtvollen Garten, einem Vogelmuseum und Streichelzoo mit Schafen und dressierten Hühnern.
Jetzt ist unsere Reise in Ungarn schon über ein Jahr her, aber ist im Moment wieder ganz lebendig, da gerade die ganzen Rohwaren-Muster unserer Bauernpartner der aktuellen Ernte 2012 – frische ganze und getrocknete, vorgeschnittene Schoten – durch unsere Hände gehen. Wir organisieren für Guszti hier in Deutschland die Pestizid-Analysen der einzelnen Rohwarenchargen bei einem BNN-akkreditierten Labor (siehe www.n-bnn.de/cms/website.php ) bevor sie dann in Szeged weiterverarbeitet werden. Im tiefsten Winter wird dann das warmrote, duftende, neue Bio-Gewürz-Paprikapulver bei uns eintreffen.
Ursula Stübner und Heinz-Dieter Gasper
P.S.
Noch etwas Praktisches: Warum klumpt Paprika eigentlich immer so schnell?
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