Sind Bio-Waren automatisch rückstandsfrei?

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Bio-Lindenblüten aus Wildsammlung – garantiert nicht gespritzt – können trotzdem Abdrifte der konventionellen Landwirtschaft anzeigen.

 

Das Wesentliche am Biolandbau ist, dass die Bio-Bauern selbst keine synthetischen Pestizide und Düngemittel ausbringen, sondern vielmehr die Bodenqualität und Bodengesundheit durch ihre landwirtschaftlichen Praktiken erhöhen, wie Fruchtfolgen, Agroforst, Gründüngung etc. Das ist nicht hoch genug zu schätzen.

Wir als Importeur und Hersteller haben einen Prüf- und Analytikplan, der jährlich von unserer Kontrollstelle geprüft wird.

 

Aber: Biowaren sind nicht automatisch rückstandsfrei, und das fordert die EU-Bio-VO auch nicht. Das ist beim langjährigen und weiter wachsenden Pestizidverbrauch durch die konventionelle Landwirtschaft auch nicht möglich. Da gibt es genug Studien, die die Verbreitung der Pestizidabdrifte in Luft, Wasser und Böden nachweisen. Und genug Studien, die die steigende Gewässerbelastung in Flüssen und auch im Grundwasser anzeigen. Auch entpuppen sich immer wieder langjährig ausgebrachte Pestizide nun als Ewigkeitschemikalie, aktuell ist Trifluoressigsäure in den Medien. Natürlich spiegelt sich der Zustand unserer Umwelt auch in den Biolebensmitteln wider – es geht gar nicht anders. Wir finden, das sollte man den EndkundInnen auch nicht vorgaukeln – sie haben ja Mitgestaltungsmöglichkeiten durch ihr Einkaufsverhalten und ihr Kreuzchen bei den Wahlen. Wir trauern immer noch der durch Lobbyismus gekippten EU-Pestizidreduktionsstrategie nach.

 

Zur Einordnung von Rückständen: es gibt die BNN-Orientierungswerte, die vor nun über 25 Jahren entwickelt wurden, um unverschuldete Kontaminationen bestmöglich von Bio-Betrug zu unterscheiden zu können. Leider nicht behördlich anerkannt, aber in der Branche eine Hilfe, die aus langjähriger Erfahrung und Forschung entstand. Bei Rückstandsfunden konferieren wir mit unseren LandwirtInnen, die dann Ursachenforschung betreiben. Gab es einen unvermeidlichen Eintragsweg durch Abdrifte, und eine eigene Anwendung ist ausgeschlossen, darf die Ware ihren Biostatus laut Gesetz nicht verlieren. Jedoch bei Verdacht auf Anwendung gibt es ein festgelegtes Verfahren unter Mitwirkung der Kontrollstellen, Landes- und Bundesbehörden.

 

Wir arbeiten mit gut beleumundeten, langjährigen Partnern zusammen, und kennen die typischen Probleme der verschiedenen Regionen. Wir sind organisiert in Verbänden, die bezüglich der Umweltkontaminationsproblematik für Biobauern forschen, Infos bündeln und auch regelmäßig in Brüssel vorstellig werden.

 

Nach unserer Schätzung weisen ca 40% der Biowaren Kontaminationen im Spurenbereich auf. Im Moment läuft eine Studie durch RELANA-Labore, die in den Pestizidanalysen durch verbesserte Techniken bis weit unter die Nachweisgrenze gehen können. Nach deren Schätzung, sollten die Verfahren breiter angewandt werden, werden bei ca. 80% aller Biowaren minimale Spuren von Pestiziden gefunden werden.

 

Unsere Produktgruppen Kräuter, Gewürze und Tee sind zudem wie ein Vergrößerungsglas. Dadurch, dass sie getrocknet werden (Trocknungsfaktor 4 – 10), werden 4 – 10x so viel Pestizidmengen sichtbar als in den frischen Pflanzen bzw. Früchte. Liegt der Rückstand bei frischem Paprika unter der Nachweisgrenze, kann er, sobald er getrocknet ist, über 0,02mg/kg rutschen. Das ist immer noch im Spurenbereich, ein Zeichen von unverschuldeter Umweltkontamination.

 

Jetzt gibt es noch die absurde Situation, dass verschiedene EU-Mitgliedstaaten, entgegen der eigentlichen Aussage der EU-Bio-VO eine Nulltoleranzstrategie fahren. Es kommt vor, dass wir aus solch einem EU-Land von Biolandwirten Kräuter oder Gewürze mit einem Rückstand im Spurenbereich bekommen, und sie aber nicht mehr dorthin zurück verkaufen können, ohne die Dezertifizierung der Bauern zu riskieren.

 

Ihr seht, es ist nicht so einfach.

 

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